MAI ÖkoCaP

Wirtschaftliche, technische und ökobilanzielle Bewertung von recycelten Carbonfasern in industriellen Prozessen

Faserverbundlösungen stehen in starkem Wettbewerb zu anderen Leichtbauwerkstoffen. Dennoch durchlaufen sie oft nur einen Lebenszyklus und recycelte Carbonfaser (rCF) Materialien werden nicht oder nur zu sehr geringem Anteil wiedereingesetzt. Gründe hierfür sind unzureichenden Kenntnisse und Unsicherheiten hinsichtlich der erzielbaren Bauteilqualitäten, den möglichen Qualitätsschwankungen, der erreichbaren Kostenreduktion und der Senkung der Umweltwirkungen im Vergleich zur konventionellen Bauweise.

Denn je nach Anwendungsgebiet, Produkt und Produktionsrandbedingungen kann der Einsatz von Rezyklatmaterialien ökonomisch und ökologisch sinnvoll sein oder nicht. Diese Tatsache sowie die Vielzahl an Verfahren und Materialien erschweren insbesondere den KMU den Einstieg in die Nutzung von rCF.

Bisherige Forschungsprojekte zeigen Insellösungen auf, wie und wo rCF eingesetzt werden kann. Das Projekt »MAI ÖkoCaP« soll hingegen für eine Vielzahl an Anwendungsfällen Entscheidungshilfen liefern und damit zu einer Steigerung der Marktdurchdringung von Rezyklatmaterialien verhelfen.

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Projektdetails

Composites

21793 N
01.04.2021 – 31.09.2023

gefördert durch:
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)

Budget: ca. 400.000€

 

Projektwebseite MAI ÖkoCaP | Composites United e.V. (composites-united.com)
CU Leichtbau-Forschung | Composites United e.V. (www.composites-united.com)

Entscheidungsgrundlage zum Einsatz von rCF

Zentrales Ziel des Projektes MAI ÖkoCaP ist der Aufbau einer belastbaren und transparenten Entscheidungsgrundlage, die es erlaubt, den Nutzen bei der Verwendung von rCF in unterschiedlichen industriellen Anwendungsgebieten und Produkten 
abzuschätzen. 

Die Bauteilqualität, die Umweltwirkungen und die Produktkosten werden klar benannt und gegenübergestellt. Durch eine systematische Variation relevanter Material-, Prozess- und Produktionsparameter werden die Spannweite dieser drei Entscheidungsgrößen sowie die entsprechenden Wechselwirkungen aufgezeigt und die wichtigsten Stellhebel identifiziert. Dabei werden relevante Einzelprozessschritte sowie gesamte Prozessrouten von der Aufbereitung über das Recycling bis hin zur Bauteilherstellung untersucht. Fokus des Projektes liegt auf rCF-Vliesmaterialien. Betrachtet wird eine große Bandbreite an Weiterverarbeitungsprozessen, die sowohl den Einsatz von thermoplastischen als auch von duromeren Matrixmaterialien berücksichtigen.  

Datenerhebung entlang der einzelnen Schritte verschiedener rCFK-Prozessrouten

Zum Aufbau einer fundierten Entscheidungsgrundlage zur Bewertung des ökologischen, ökonomischen und funktionellen (mechanischen) Nutzens von rCF in Form eines Vliesstoffes bedarf es einer breiten Basis an qualitativ hochwertigen Daten für eine transparente Bewertung. Aufgrund der Anzahl an material- und prozessbedingter Stellgrößen während des Recyclingprozesses, der Faservorbereitung, der Vliesherstellung und der Weiterverarbeitung ergeben sich je nach Vliesstoffvariante sehr unterschiedliche spezifische Eigenschaftsprofile auf Halbzeug- sowie auf Bauteilebene.

Um die Wirkbeziehungen zwischen den Zielgrößen – Bauteilqualität, Umweltwirkungen und Produktkosten – in Abhängigkeit dieser Einflussgrößen identifizieren zu können, wurde im Rahmen des Projektes MAI ÖkoCaP bereits vorhandenes Wissen gebündelt, relevante Datenlücken identifiziert und geschlossen.

In Zusammenarbeit mit dem Projektbeirat wurden hierfür eine Vielzahl technischer Versuche sowie Anlagenvermessungen durchgeführt. Hierfür wurde gemeinsam mit dem projektbegleitenden Ausschuss der Untersuchungsrahmen des Projekts fokussiert und die zu Grunde liegenden Versuchspläne detailliert. Der erarbeitete Schwerpunkt liegt auf Materialien und Herstellungsverfahren, die industrieseitig im Fokus stehen.

Projektergebnisse

Die erarbeitete Datengrundlage dient als Basis der multikriteriellen Entscheidungsanalyse. Die generierten Ergebnisse wurden am Projektende übersichtlich in einem Leitfaden zusammengefasst und in einer webbasierten App zugänglich gemacht, so dass Anwendende künftig auf Basis spezifischer Prozess- und Produktrandbedingungen folgende übergeordneten Fragestellungen beantworten können:

  • Welche technischen, ökonomischen und ökologischen Potenziale ergeben sich durch das Recycling von carbonfaserverstärkten Kunststoffen?
  • Welche technischen, ökonomischen und ökologischen Potenziale ergeben sich durch den Einsatz von rCF-Materialien?
  • Welche Materialien und Verfahren sind für meine Anwendung geeignet?
  • Welche Eigenschaften besitzt mein Produkt aus sekundären Carbonfasern?

Mittels der webbasierten App hat der/die Nutzer:in die Möglichkeit eine rCFK-Prozessroute nach eigenem Bedarf auszuwählen, eigene Annahmen sowie eigene Bewertungsergebnisse zu einzelnen Prozessschritten in die Berechnung zu integrieren. Im Vergleich zum Leitfaden stellen die Ergebnisse der webbasierten App jedoch vielmehr eine Abschätzung dar, worüber der Nutzer eine erste Einschätzung zu seinem Prozess erhält. Der Leitfaden hingegen enthält eine Übersicht über die detaillierten Ergebnisse der multikriteriellen Bewertung inkl. der gültigen Randbedingungen sowie eine Übersicht zur Datengüte und Datenherkunft.

Weitere Informationen und den Schlussbericht zum Projekt erhalten Sie auf Anfrage vom Fraunhofer IGCV oder über die AiF-Forschungsvereinigung Composites United Leichtbau-Forschung gGmbH.

Weitere Projekte

KI-FlORiDA

Im Forschungsvorhaben KI-FlORiDA wird eine autonome und auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierte Regelung zur Optimierung des Produktionsprozesses von Vliesstoff-Krempeln entwickelt. Mit innovativen Ansätzen werden zahlreiche Gesichtspunkte wie Produktivität und Wirtschaftlichkeit, Qualität, Operabilität und Verfügbarkeit, Bedienbarkeit und Umweltschutz zum Ziel des Gesamtsystems. Mittels Integration neuartiger optischer Sensorik bzw. KI-Auswertemethoden sowie der Kombination mit weiteren Daten aus den Aktuatoren und zusätzlichen Sensoren wird ein resilientes und lernfähiges System entwickelt. Durch den ganzheitlichen Ansatz verteilter Systeme mit Edge-Computing und der Integration von domänenspezifischen physikalischen Zusammenhängen in ein lern-basiertes Verfahren wird ein hohes Maß an Vertrauen und Nachvollziehbarkeit erreicht. Das Projekt befasst sich mit der aktuellen Herausforderung der Vliesstoffindustrie und leistet einen entscheidenden Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit des Produktionsstandortes Bayern. Das übergeordnete Ziel dieses Forschungsprojekts besteht darin, eine autonome und KI-gestützte Regelung für eine Vliesstoff-Krempel zu entwickeln, die intelligente Sensorik und Antriebstechnik einsetzt. Die Ergebnisse des Projekts führen zu einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Vliesstoffproduzenten, einer Steigerung der Produktivität durch eine autonome Produktion sowie zu einer Verbesserung der Produktqualität. Im Bereich der Sensorik für Zustandsdaten besteht das Ziel in der Entwicklung einer KI-basierten Anomalie-Erkennung zur Verbesserung der kamerabasierten Fehlererkennung bei der Inspektion von inhomogen strukturierten Oberflächen (insbesondere Vliesstoffen). Auf Automatisierungsebene liegt das Ziel in der bildbasierten Berechnung von Regelgrößen, die einen direkten Eingriff in den hochkomplexen Fertigungsprozess durch Prädiktion ermöglichen. Das Ziel im Bereich der Antriebstechnik besteht in der Integration von Aktuatoren in eine Vliesstoff-Krempel, die gleichzeitig als Sensoren genutzt werden können und einen antriebsnahen Prozesseingriff ermöglichen. Durch die Erweiterung der Datenquellen (multi-modal data analysis) sollen sowohl die Effizienz als auch die Genauigkeit der Regelung verbessert werden.

Laufend — 01.02.2025-31.04.2028